Der Spiegel 2007 38.pdf

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DAS DEUTSCHE NACHRICHTEN-MAGAZIN
Hausmitteilung
17. September 2007
Betr.: Titel, Augstein, Doping
D as Land, das Titelautor Erich Follath, 58, beschreibt, könnte zerrissener kaum sein:
Verbündeter der USA, aber Hort von Ausbildungscamps, in denen Tausende ex-
tremistische Muslime für Anschläge in Europa trainieren, ein Armenhaus, aber auch
eine Atommacht, die zur weltweiten Gefahr werden könnte, wenn die Gemäßigten um
Präsident Pervez Musharraf, 64, die Macht verlieren würden. Follath kennt die Ge-
gebenheiten und die Protagonisten der pakistanischen Politik schon lange: Musharraf
seit 1995, dessen Gegenspieler Benazir Bhutto, 54, und Nawaz Sharif, 57, bereits seit
den achtziger Jahren. „Noch nie war die
Gemengelage so gefährlich wie heute“,
sagt Follath. Während die SPIEGEL-
Redakteure Matthias Bartsch, 43, Simone
Kaiser, 28, Marcel Rosenbach, 35, und
Holger Stark, 37, den Spuren von Terror-
verdächtigen in der deutschen Provinz
nachgingen, beobachtete SPIEGEL-Repor-
terin Susanne Koelbl, 41, die Eskala-
tion der Sicherheitslage in Pakistan, wo
„fast täglich Bomben explodieren, um
Musharraf zu schwächen“. Koelbl, die nun
mit ihrem Ex-Kollegen Olaf Ihlau, 65, im Siedler Verlag das Buch „Geliebtes, dunkles
Land – Menschen und Mächte in Afghanistan“ veröffentlicht, zählt zu den besten
Kennern der Region. Für diese Ausgabe fuhr sie auch ins Grenzgebiet zur Provinz
Waziristan, einer Hochburg der Taliban. Viele ihrer Gesprächspartner hatten „aus
Angst vor den Taliban wenig Mut, ein wahres Bild der Lage zu zeichnen“ (Seite 134).
Koelbl (in Pakistan)
E s ist auch Insiderwissen, auf das der TV-Journalist Peter Merseburger, 79, zurück-
greifen konnte, als er seine jetzt bei der DVA erscheinende politische Biografie
über SPIEGEL-Gründer Rudolf Augstein schrieb: Fünf Jahre lang, von 1960 bis 1965,
war Merseburger SPIEGEL-Redakteur in Brüssel und Berlin. Sein Buch zeigt auf,
warum der Name Augstein von der SPIEGEL-
Affäre im Jahr 1962 über die Enthüllung zahl-
reicher Affären bis zur Debatte um die Wieder-
vereinigung im Jahr 1989 von der deutschen
Nachkriegsgeschichte kaum zu trennen ist – und
wie sein Magazin durch „Skepsis gegenüber
allen Autoritäten“ zum „Institut der Respekt-
losigkeit“ (Merseburger) wurde. Der Kritiker
Hellmuth Karasek, 73, hat die Biografie für
den SPIEGEL rezensiert. Auch er verfügt über
Insiderwissen: Von 1973 bis 1996 war Karasek
SPIEGEL-Redakteur, 18 Jahre davon Leiter des
Kulturressorts (Seite 188).
Karasek, Augstein (1979 in St. Moritz)
S eit mehr als 17 Jahren schreibt SPIEGEL-Redakteur Udo Ludwig, 49, über die
dunkle Seite des Sports. Nach der Wende deckte er auf, wie die DDR sich mit dem
Doping von Athleten zur Weltmacht im Sport gespritzt hatte, er recherchierte die
Doping-Affären um die Deutsche Katrin Krabbe und die Amerikanerin Marion Jones
und enthüllte die Machenschaften im Radfahrstall Team Telekom. Mit dem renom-
mierten Heidelberger Experten Werner Franke, 67, veröffentlicht er im Verlag Zabert
Sandmann jetzt das Buch „Der verratene Sport. Die Machenschaften der Doping-
Mafia“, aus dem der SPIEGEL Auszüge druckt. Sein Resümee klingt düster: „Es gibt
keinen fairen Wettkampf mehr, der Sport hat sich selbst erledigt“ (Seite 212).
5
Im Internet: www.spiegel.de
der spiegel
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In diesem Heft
Titel
Pakistan – Hort des Terrors ............................ 134
In der Grenzregion Waziristan gerät
die Lage außer Kontrolle ................................ 138
Wie die Stadt Langen zur internationalen
Drehscheibe für Dschihadisten wurde ............ 142
Der Film „Ein mutiger Weg“ mit Angelina
Jolie schildert die Suche nach dem 2002
in Karatschi verschleppten und ermordeten
US-Reporter Daniel Pearl ............................... 146
Bahn-Privatisierung vor dem Aus Seite 24
In der Koalition wächst der Widerstand gegen
die geplante Privatisierung der Bahn. Ein brei-
tes Bündnis aus SPD- und Unionspolitikern
lehnt den Gesetzentwurf von Verkehrsminis-
ter Wolfgang Tiefensee ab. Den Privatisie-
rungsgegnern ist es gelungen, den Zeitplan
der Bahn-Reformer um Kanzlerin Angela
Merkel und Bahn-Chef Hartmut Mehdorn zu
stören. Der Börsengang des Unternehmens
könnte so zum zentralen Thema der Land-
tagswahlen im nächsten Jahr gemacht wer-
den – und wäre damit faktisch tot.
Deutschland
Panorama: Bundesregierung plant Zuschüsse
für Geringverdiener / Nato-Eingreiftruppe
vor dem Aus / Tabaklobby ködert Abgeordnete
mit Fußball-Freikarten ...................................... 18
Verkehr: Der schleichende Tod
der Bahn-Privatisierung ................................... 24
Außenpolitik: Die Risse im deutsch-
französischen Verhältnis werden größer ........... 28
Sozialdemokraten: Richtungsstreit um
die Reform-Agenda .......................................... 30
Karrieren: Aufstieg und Abstieg
der SPD-Hoffnung Ute Vogt ............................. 36
NRW: Zoff in der schwarz-gelben Koalition ..... 40
Katholiken: Wie die Kirche einen
Kinderschänder im Talar schützte .................... 44
Verbraucher: Die Kontrollen fernöstlicher
Importprodukte sind lückenhaft ....................... 48
Europa: EU-Kommissar Günter Verheugen
über die Gefahr durch Hedgefonds
und die Berichte über sein Privatleben ............ 50
Kriminalität: DNA-Spuren überführen Gewalt-
täter noch Jahrzehnte nach dem Verbrechen ... 52
Jugendliche: Ex-Kriminelle sollen Gangs
in Kreuzberg zähmen ....................................... 58
Mehdorn, Tiefensee, Merkel
Im Ausnahmezustand Seite 62
Todesangst in der entführten „Landshut“, Selbstmord
der Terroristen, der Mord an Schleyer – der zweite Teil
der SPIEGEL-Serie beschreibt, wie die RAF den Staat
im Herbst 1977 in den Ausnahmezustand trieb.
„Landshut“-Kapitän Jürgen Schumann
Machtkampf bei VW Seite 100
Zwei Jahre nach dem Einstieg von Porsche bei VW hat der offene Kampf um die
Macht begonnen. Es geht darum, wer bei Volkswagen, Europas größtem Autoher-
steller, künftig das Sagen
hat und wie viel Einfluss
die Betriebsräte dann
noch haben. Porsche-
Boss Wendelin Wiede-
king macht Druck, er will
VW auf Profit trimmen.
Konzernchef Martin Win-
terkorn versucht, die auf-
gebrachten Arbeitneh-
mervertreter zu beruhi-
gen. Wolfsburg stehen
unruhige Zeiten bevor.
Serie
Der Deutsche Herbst (II): Wie die Republik
1977 an den Rand des Staatsnotstands geriet .... 62
Gesellschaft
Szene: Sachbuch über die abenteuerlichsten
Seereisen / Wie Werber
alte Rollenklischees bedienen ........................... 83
Eine Meldung und ihre Geschichte – über
eine Frau, die 20 Stunden in der Warteschleife
ihrer Telefongesellschaft hing ........................... 84
Welthandel: In Kamerun wehren sich Bauern
gegen importiertes Billigfleisch aus Europa –
ein Lehrstück für Globalisierungskritiker ......... 86
Ortstermin: Auf der Kölner Fahrradmesse
zeigen Hersteller, wie sie
das Rad neu erfunden haben ............................ 94
Wirtschaft
Trends: Löscher will Siemens umbauen /
E.on steigt in Russland ein / Chaotische Jagd
nach Telekom-Kunden ..................................... 97
Autoindustrie: Wie Porsche-Chef
Wendelin Wiedeking VW aufmischt ............... 100
Energie: In den Gasmarkt kommt Bewegung 104
Luftfahrt: SPIEGEL-Gespräch mit
Air-Berlin-Chef Joachim Hunold über das
rasante Wachstum seiner Fluggesellschaft
und neue Übernahmegerüchte ....................... 106
Karrieren: Herkunft schlägt Leistung ............ 108
Transrapid: Nächste Runde im Kostenpoker 121
Wiedeking Winterkorn
Ex-Gangster wollen den Kiez befrieden Seite 58
Dealer, Hehler und Jugendbanden beherrschen die Naunynstraße mitten in Berlin-
Kreuzberg. Weil Polizei und Pädagogen an ihre Grenzen stoßen, setzt der Senat nun
auf ein gewagtes Modell: Kiez-Gänger aus
dem Milieu und mit dunkler Vergangenheit
sollen die Gangs zähmen – auch wenn
Sozialarbeiter vor der rauhen Konkurrenz
warnen.
Medien
Trends: Weitere Ermittlungen gegen
Journalisten wegen Geheimnisverrats / ARD-
Querelen um Barschel-Dokumentationen ...... 123
Fernsehen: Vorschau / Rückblick .................. 124
Jugendliche in Berlin
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Fernsehurteil: Die Karlsruher Gebührenent-
scheidung geht an der Welt von heute vorbei 126
Justiz: Weil „Emma“ schlecht über
einen Mann schrieb, muss sich Alice Schwarzer
vor Gericht verantworten ................................ 129
Ausland
Panorama: Kabarettist macht mobil gegen
Italiens politische Klasse / Skandinaviens Angst
vor den Russen / Tauwetter in Turkmenistan 131
Verbrechen: Vorentscheidung
im Fall Maddie? .............................................. 154
Russland: Der Schattenpräsident .................. 156
Belgien: Flamen und Wallonen streiten sich
– und provozieren eine Staatskrise ................. 158
Japan: Verlieren die Liberaldemokraten nach
einem halben Jahrhundert die Macht? ............... 160
Entwicklungshilfe: Der Architektur-Preis
des Aga Khan ................................................. 162
Global Village: Wie der Irak in Dubai
Öl verkaufen will ............................................ 166
CLEMENS BILAN / DDP
Ehepaar McCann mit Foto seiner Tochter Maddie
Unter Verdacht Seite 154
Die portugiesische Polizei glaubt, dass Kate McCann den Tod ihrer Tochter ver-
schuldet hat und sucht nun nach der Leiche. Ehemann Gerry spricht von „frisierten
Beweisen“. In dieser Woche soll die Entscheidung fallen, ob Anklage erhoben wird.
Wissenschaft · Technik
Prisma: Passagierjet für den U-Boot-Krieg /
Jungen-Schwund in der Arktis ........................ 169
Artenschutz: Grüne Korridore sollen
die deutschen Wälder vernetzen ..................... 172
Psychologie: Der Schweizer Therapeut Gerhard
Dammann über Despoten in den Chefetagen ... 175
Medizin: Warum senkt saubere Luft
die Zahl der Herzinfarkte? .............................. 179
Hirnforschung: Wissenschaftler auf der
Spur eines Fehler-Detektors im Kopf .............. 180
Globalisierung: Aufstand der Verlierer Seite 86
Weil die europäischen Konsumenten
vom Huhn eigentlich nur die Brust
wollen und der Rest der Tiere vor
allem nach Afrika exportiert wird,
wächst in manchen Ländern der
Widerstand gegen diese Einfuhren.
In Kamerun wehren sich Bauern mit
Erfolg gegen europäische Hähnchen-
schenkel und gegen eine Globalisie-
rung, die sie zu Verlierern macht.
Kultur
Szene: Die Schauspielerin Milla Jovovich über
ihre Rolle in Actionfilmen / Endstation
Stammheim am Stuttgarter Staatstheater......... 185
Biografien: Peter Merseburger erzählt
die Lebensgeschichte des
SPIEGEL-Gründers Rudolf Augstein .............. 188
Zeitgeschichte: Zwei TV-Highlights
über die untergehende DDR, geschildert
aus der Frauenperspektive .............................. 192
Kino: Rainer Kaufmanns Verfilmung der
Walser-Novelle „Ein fliehendes Pferd“ ........... 194
Literatur: Julia Francks Roman „Die Mittags-
frau“ – eine grandiose Familiengeschichte
in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ........ 196
Bestseller ...................................................... 199
Fotografie: Besuch beim legendären Architektur-
Fotografen Julius Shulman in Kalifornien ........ 202
Geistesgrößen (IX): Der Germanist
Karl Eibl wendet Darwins Evolutionstheorie
auf die Literaturwissenschaft an ..................... 206
Nahaufnahme: Schreiben lernen mit dem
Autor Bodo Kirchhoff am Gardasee ............... 208
Hühnerstall in Kamerun
Narzissten in den Chefetagen Seite 175
In vielen Vorstandsetagen sitzen krankhafte Narzissten, die ihre Untergebenen
schikanieren und die taub sind für Kritik. Der Psychologe Gerhard Dammann hat die
Eigenheiten solcher Despoten untersucht. Oft seien sie vaterlos aufgewachsen, meint
der Therapeut im SPIEGEL-Interview. Es treibe sie die Sehnsucht nach einem Kick.
Sport
Szene: Der Kampf der Spielerorganisation ATP
gegen Wettbetrug im Tennis / Formel-1-
Teamchef Gerhard Berger über
das Spionage-Urteil gegen McLaren ................ 211
Doping: Der Traum vom sauberen Sport –
sechs Vorschläge für einen radikalen Umbau ... 212
Fußball: Die Frauen-Nationalelf verteidigt
in China ihren WM-Titel ..................................216
Heldinnen der Geschichte
Seite 192
Zwei TV-Filme zur deutsch-deutschen Geschich-
te erzählen von starken Frauen und Müttern.
Anneke Kim Sarnau („Prager Botschaft“) und
Veronica Ferres („Die Frau vom Checkpoint
Charlie“) spielen vor historischer Kulisse.
Briefe ............................................................... 10
Impressum, Leserservice ............................ 218
Chronik .......................................................... 220
Register ........................................................ 222
Personalien ................................................... 224
Hohlspiegel /Rückspiegel ........................... 226
Titelbild: Fotos Atlas Press, BILD-Zeitung (2), AP, Reuters (2), dpa (2)
Ferres
9
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38/2007
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Briefe
Die maulstopfende Antwort auf die offenen
und versteckten Vorwürfe gegen die Ver-
antwortlichen von 1977, verfassungswidrig
agiert zu haben, gibt Ihnen Hans Kollischon,
der damalige Leiter der Staatsschutzabtei-
lung: „Es wäre doch idiotisch, wenn man
solche Einrichtungen nicht nutzen würde,
um das Leben Schleyers zu retten. Alles,
was machbar war, wurde gemacht.“ Hof-
fentlich hat sich an dieser Grundeinstellung
in der Auseinandersetzung mit den neuen
Terroristen nichts geändert!
Moisburg (Nieders.)
„Ein großes Lob für Ihre Titelgeschichte
sowie für Ihre TV-Dokumentation.
Beide Berichte waren hochinteressant
und klasse recherchiert! Ich musste
anschließend mit meinen Eltern
über die RAF-Zeit diskutieren.“
Gebhart Müller-König
Felix Böhm aus Ostfildern zum Titel „RAF. SPIEGEL-Serie.
30 Jahre Deutscher Herbst. Die Nacht von Stammheim“
SPIEGEL-Titel 37/2007
Solange Sie das Phänomen RAF als wohlig-
schaurige Kriminalgeschichte begreifen,
kommen Sie der Sache keinen Schritt näher.
Nur eine die RAF miteinschließende Kritik
der damaligen Gesellschaft kann die tragi-
sche Verirrung der RAF in ihrer historischen
Bedingtheit erhellen. Dazu gehört eine kri-
tische Würdigung des Vietnam-Kriegs oder
der Wirtschaftsgeschichte der jungen Bun-
desrepublik und deren Auswirkungen auf
breite Bevölkerungsschichten. Was Ador-
no, Fromm, Marcuse am jungen Nach-
kriegskapitalismus bemängelten, haben die
Mörder aus der RAF beschossen.
Berlin
den Selbstmorden dieser Täter, weniger
ihren Zielen und Opfern. Wie fragwürdig,
vor dem Hintergrund aktueller terroristi-
scher Bedrohungen! Die auf die damalige
Situation bezogene, heutige selbstquäleri-
sche Analyse des verantwortlichen Bun-
deskanzlers Schmidt kann ich menschlich
und politisch verstehen. Aber seine Ent-
scheidung war richtig, weil sie, trotz allen
Leides für Opfer und Hinterbliebene, die
Wehrhaftigkeit unserer Demokratie bewies.
Hamburg
Völlig von der Rolle
Nr. 37/2007, Titel: RAF. SPIEGEL-Serie. 30 Jahre
Deutscher Herbst. Die Nacht von Stammheim
Der dringende Verdacht ist, die RAF-Ter-
roristen wurden „geselbstmordet“, denn
ihr mehrfach angekündigter Suizid er-
schien manchen Verantwortlichen in Justiz
und Politik fälschlicherweise als die ele-
ganteste Lösung. Bleibt die Frage, auf wel-
cher Ebene und wann die Entscheidung
fiel, die Zellen der Häftlinge nicht nach
Waffen zu durchsuchen. Spätestens, als sie,
vermutlich abgehört, am Radio in Stamm-
heim den Ausgang der Befreiungsaktion
in Mogadischu entgegenfieberten?
München
Siegfried F. Storbeck
Dr. Uta Maria Stier
Mal ganz ehrlich: Warum hätte der Staat
diese Wahnsinnigen auf ihrem Trip ins Jen-
seits stoppen sollen, selbst wenn er es ge-
wusst hat? Baader, Ensslin & Co. hatten
mit ihren Selbstmorden die Massen ein ein-
ziges Mal tatsächlich hinter sich.
Küsten (Nieders.)
Alf Tondern
Nein, unser Staat war wegen der durchge-
knallten Bande nie in Gefahr. Aber offen-
kundig war die baden-württembergische
Justiz und Politik völlig von der Rolle. Die-
ses Gemisch aus Angst, Inkompetenz und
schierer Dummheit eröffnete das erste Ter-
roristencamp auf bundesdeutschem Boden.
Die staatlichen Entscheidungsträger, die
dafür gesorgt hatten, dass im Stammhei-
mer Kommunikationscenter der RAF-Ban-
de Mord-, Entführungs- und Nachfolge-
diskussionen ermöglicht wurden, tragen
schwere Mitschuld am Tode Schleyers und
seiner Begleiter. Diesen Justizdilettanten
auch noch zu unterstellen, sie hätten viel-
leicht alles gewusst, das hätte Sachverstand
und eine gewisse Intelligenz vorausgesetzt.
Stammheim war so, wie es kürzlich Alt-
bundeskanzler Helmut Schmidt formulier-
te, einfach nur ein „Saustall“.
Langeoog (Nieders.)
Jens Feuerriegel
Nur fair und längst überfällig
Nr. 36/2007, Entschädigung: Berlin knausert
bei Renten für frühere Ghetto-Arbeiter
Gefängnis Stuttgart-Stammheim
Höchst beklemmende Vorstellung
Ich bin 1925 in Hamburg geboren, 1931 dort
eingeschult und 1941 deportiert worden.
Meine Familie wurde ermordet; ich über-
lebte das Ghetto Lodz, die Lager Ausch-
witz, Neuengamme und Bergen-Belsen.
Ihren Artikel zu den immer noch ausste-
henden Rentenzahlungen für ehemalige
Ghetto-Arbeiter habe ich mit großem In-
teresse gelesen. 62 Jahre nach Ende des
Zweiten Weltkriegs steht Deutschland –
auch dank des Marshallplans – wirtschaft-
lich und politisch mächtig da. Doch was ist
mit den wenigen Überlebenden, die mit
Der Staat ist bei seiner Entscheidung einer
einfachen Logik gefolgt. Tote Helden kön-
nen nicht mit Terror freigepresst werden.
Trier (Rhld.-Pf.)
Günther Schleier
Mir fällt niemand ein, der den Tod der
RAF-Leute damals bedauerte. Es herrsch-
te vielmehr ein Gefühl der Erleichterung
vor. Mit Ihrer Serie werten Sie diese Ver-
brecher nur auf. Mir tun die Opfer der
RAF und ihre Angehörigen leid.
Lauenau (Nieders.)
Thomas Fischer
Hendrik Tongers
Vor 50 Jahren der spiegel vom 18. September 1957
Bundesfinanzen Ära der leeren Kassen. Wohnungsbau Kaum noch
Defizite mehr. Krankenkassen Das verhinderte Gesetz. „Die Papiere des
Herrn von Holstein“ Glanz und Niedergang des Bismarck-Reichs. Sowjets
entsenden Marine-Einheiten ins Mittelmeer USA verstärken ihre Flotte.
Neue Ära der Rassen-Integration in den USA Schwindel um Unruhen in
Little Rock. Premiere von Chaplins Film „Ein König in New York“
„Charlie ist tot.“ Architektur Streit um Le-Corbusier-Bauten in Berlin.
Es ist erstaunlich, wie sicher sich der SPIE-
GEL ist, dass die RAF-Mitglieder Baader,
Ensslin und Raspe Selbstmord verübt ha-
ben. Aber egal, wie sie ums Leben kamen.
Sie haben bewiesen, was zu beweisen war.
Oftringen (Schweiz)
Jost Ecker
Die Spitzen der RAF und ihre Helfershelfer
waren anarchistische Verbrecher, die un-
sere Demokratie zerstören wollten. Jetzt
gehört die journalistische Aufmerksamkeit
Diese Artikel sind im Internet abzurufen unter www.spiegel.de
oder im Original-Heft unter Tel. 08106-6604 zu erwerben.
Titel: Tunesischer Staatspräsident Habib Burgiba
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